Umweltrisiken

Die folgenden Fragestellungen zu den Umweltauswirkungen der CO2-Speicherung werden im Projekt bearbeitet.

Können bei der CO2-Speicherung Erdbeben ausgelöst werden?

Bei einem zu starken Druckanstieg in der Speicherformation könnten Störungszonen reaktiviert werden, so dass es zu Bewegungen im Untergrund kommt, die möglicherweise Erdbeben auslösen. Bei der Speicherung unter dem Meeresboden sind diese Erdbeben zu schwach, um an Land Schäden zu verursachen. Sie könnten aber Offshore-Windkraftanlagen und andere Offshore-Infrastrukturen (z. B. Energietrassen) beinträchtigen. Im Projekt wird daher untersucht, unter welchen Bedingungen solche Erdbeben ausgelöst werden und ob der Betrieb von Anlagen und Infrastrukturen in der Nordsee durch diese Beben gefährdet wird.

Die Arbeiten Im Projekt sind dabei auf die beiden Gebieten A (West Schleswig Block) und B (Entenschnabel) fokussiert Dafür werden detaillierte geologische Modelle angefertigt, die Aufschluss über die Lage und Entstehungsgeschichte der Störungszonen und Verwerfungen geben (Geologie). Auf Basis dieser Modelle wird dann in Simulationen die Druckentwicklung im Untergrund nach der CO2-Einspeisung berechnet (Geologie) und bewertet, ob es zu Erdbeben kommen kann.

Weiterhin wird untersucht, wie diese Erdbeben die mechanischen Eigenschaften des flachen Untergrunds beeinflussen, in dem die Fundamente von Windkraftanlagen verankert sind.  Dabei wird untersucht, ob diese Veränderungen im flachen Untergrund den Betrieb von Windkraftanlagen beeinträchtigen können.

Mit Hilfe dieser geotechnischen Studien wird bewertet, ob es möglich ist, im Nahfeld von Windkraftanlagen CO2 zu speichern oder ob ein größerer Sicherheitsabstand eingehalten werden muss (Raumplanung).

Auch bei einem geringen Druckanstieg kann die Bewegung von Flüssigkeiten im Untergrund (CO2 und verdrängtes Formationswasser) zu schwachen Mikroseismischen Ereignissen („Mini-Erdbeben“) führen, die zwar kein Risiko darstellen, jedoch zur Überwachung von CO2-Speichern eingesetzt werden könnten. Daher sollen auch diese Ereignisse untersucht und ihre räumliche Verteilung prognostiziert werden, um ein geeignetes Monitoring-Netzwerk zu planen (Monitoring).

Werden Schweinswale durch Lärm beeinträchtigt, der bei der Erkundung und Überwachung von CO2-Speichern entsteht?

In der Nordsee leben Schweinswale, die besonders lärmempfindlich sind. Bei der seismischen Erkundung von Speichern entsteht Lärm, der diese Meeressäuger beeinträchtigen kann. Auch bei der Speicherüberwachung könnte Lärm entstehen, falls die Überwachung mit aktiv-seismischen Verfahren durchgeführt wird. Die Einbringung von CO2 in den Untergrund verursacht dagegen keine nennenswerte Lärmbelastung.

Im Projekt wird daher untersucht, wie Schweinswale auf seismischen Lärm reagieren. Dazu wird die Verteilung von Schweinswalen mit Hilfe von automatischen Klickdetektoren und Hydrophonen vor, während und nach dem Einsatz von Seismik erfasst. Damit kann ermittelt werden, ob die Schweinswale durch den Einsatz von Seismik vorübergehend oder langanhaltend gestört werden. Auf Basis dieser Daten soll bewertet werden, ob es möglich und vertretbar ist, CO2-Speicher in der Nähe von Schweinswal-Schutzgebieten zu errichten (Raumplanung).

Zudem werden Maßnahmen untersucht, die dabei helfen, die Lärm-Beeinträchtigung zu minimieren. Dazu wird im Projekt ein neues passiv-seismisches Überwachungskonzept entwickelt, das ohne aktive Seismik und Lärmentwicklung auskommt (Monitoring).

Michael Dähne /Dolfinarium Harderwijk
Michael Dähne / Deutsches Meeresmuseum
Michael Dähne Dolphinarium Harderwijk

Kann CO2 aus dem Speicher entweichen?

Schon seit vielen Jahren wird in der Nordsee und in der Barentssee im großen Maßstab CO2 gespeichert. Bisher sind an diesen Speichern keine Leckagen aufgetreten (www.eco2-project.eu).  Es gibt jedoch eine Reihe von Schwachstellen, an denen es zu Leckagen kommen könnte. Dies sind vor allem natürliche Störungen und alte Bohrlöcher, die durch Barriere-Schichten schneiden, die den Aufstieg von CO2 verhindern sollen. An solchen Schwachstellen, die in der Nordsee häufig vorkommen, wurden bereits Methan-Leckagen beobachtet (Vielstädte et al. 2015; Vielstädte et al., 2017; Böttner et al., 2020). Es ist also möglich, dass es entlang solcher Strukturen zu CO2-Leckagen kommt, wenn das sequestrierte CO2 sie erreicht.

Die Umweltauswirkungen einer solchen Leckage wurden bereits in Vorgängerprojekten untersucht. Dabei konnte gezeigt werden, dass besonders kalkbildende Tiere (z. B. Muscheln), die am Meeresboden leben, beeinträchtigt werden, da das austretende CO2 rasch im Wasser aufgelöst wird, so dass das Bodenwasser versauert ( www.eco2-project.eu). Bereits in einem Abstand von ca. 10 Metern von der Leckage-Stelle konnte bei CO2-Freisetzungsexperimenten keine Versauerung (pH-Wert Absenkung) mehr nachgewiesen werden (Vielstädte et al. 2019). Bei diesen Experimenten wurde CO2 mit einer Rate von ca. 30 Tonnen pro Jahr direkt am Boden der Nordsee freigesetzt. Die Schadwirkung auf das Ökosystem ist also auf die unmittelbare Umgebung des Lecks begrenzt, wenn die Leckageraten in dem Bereich liegen, der bei natürlichen Methan-Austritten und Methan-Leckagen an Bohrlöchern beobachtet wurde (ca. 1 – 50 Tonnen pro Jahr).

Im Projekt wird anhand von vorliegenden seismischen Daten untersucht, wie häufig natürliche Störungen im Umfeld der beiden untersuchten Speicher-Standorte vorkommen und ob an diesen Störungen Erdgas aufsteigt. Zudem wird auf einer Ausfahrt untersucht, ob an den alten Bohrlöchern, die in der Nähe der Standorte liegen, Methan entweicht.  Auf Basis dieser Daten und der numerischen Simulation der CO2-Speicherung (Geologie) wird bewertet, ob es zu Leckagen kommen kann. 

Der Aufstieg von CO2 entlang von Störungen und Bohrungen wird zudem im Drucklabor experimentell untersucht. Dabei werden die Reaktionen mit dem Gestein und die CO2-Aufstiegsmechanismen untersucht, um mehr Informationen zu möglichen Leckageraten zu gewinnen, die durch den Dichterunterschied zwischen CO2 und Wasser und den Injektionsüberdruck im Speicher erzeugt werden können.

Schließlich wird ein neues technisches Konzept untersucht, das zur Minimierung von CO2-Leckagen an alten Bohrungen eingesetzt werden soll. Alte Bohrungen werden in der Nordsee üblicherweise mit Beton versiegelt, in ca. 5 Meter Tiefe unterhalb des Meeresbodens abgesägt und anschließend mit Sand bedeckt. Bei dem neuen Konzept wird die Sandbedeckung durch eine reaktive Barriere (z.Bsp, Kalk-Sand-Gemische) ersetzt. Der Kalk soll dabei mit dem austretenden CO2 reagieren, so dass CO2 in unschädliches Bikarbonat umgewandelt wird. Die Effizienz dieses neuen Verfahrens wird im Drucklabor experimentell überprüft.

Druckbehälter für Hochdruck-Durchfluss-Experimente zur Untersuchung des reaktiven Transports im Nordsee-Untergrund.

Team:

Dr. Matthias Haeckel

Dr. Christian Deusner

Dr. Elke Kossel

Dr. Christopher Schmidt

Dr. Michael Daehne

Prof. Dr. Frank Wuttke

Weiterführende Informationen:

GEOMAR Drucklabor

Norway Equionor CCS

Eine alte Bohrung am Boden der Nordsee, an der Erdgas entweicht. Mit Hilfe eines Tauch-Roboters werden dort Gasblasen am Meeresboden aufgefangen, um die Zusammensetzung des Gases und die Leckage-Rate zu ermitteln.
Im Juli 2022 findet eine Forschungsfahrt mit dem FS Alkor in der deutschen Nordsee statt. Ziel der Ausfahrt ist es, die alte Bohrlöcher auf Leckagen zu untersuchen. Entlang der geplanten Route (rote Linie) werden besonders die Bohrlöcher in den gelb markierten GEOSTOR-Untersuchungsgebieten vermessen.

Literatur

Böttner C., Haeckel M., Schmidt M., Berndt C., Vielstädte L., Kutsch J.A., Karstens J., Weiß T. (2020)
Greenhouse gas emissions from marine decommissioned hydrocarbon wells: leakage detection,
monitoring and mitigation strategies. International Journal of Greenhouse Gas Control 100, 103119.

Vielstädte, L., Karstens, J., Haeckel, M., Schmidt, M., Linke, P., Reimann, S., Liebetrau, V., McGinnis,
D.F. and Wallmann, K. (2015) Quantification of methane emissions at abandoned gas wells in the
Central North Sea. Marine and Petroleum Geology 68, 848-860.

Vielstädte L., Haeckel M., Karstens J., Linke P., Schmidt M., Steinle L., Wallmann K. (2017) Shallow gas
migration along hydrocarbon wells – An unconsidered, anthropogenic source of biogenic methane in
the North Sea. Environmental Science & Technology 51(17), 10262-10268.

Vielstädte, L., Linke, P., Schmidt, M., Sommer, S., Haeckel, M., Braack, M. and Wallmann, K. (2019)
Footprint and detectability of a well leaking CO2 in the Central North Sea: Implications from a field
experiment and numerical modelling. International Journal of Greenhouse Gas Control 84, 190-203.